Die verwinkelten Gassen der Alfama, das schachbrettartige Quartier der Baixa und die manuelinische Gotik: Überall in der Stadt trifft man auf Spuren der bewegten Geschichte Lissabons – von der Altstadt bis zum zeitgenössischen Expo-Gelände.

Wer nur zu einem Kurztrip in die Stadt am Tejo kommt, sollte sich zuerst einen Überblick verschaffen. Und das geht nirgendwo besser als von oben. Zwischen den Geschäften und Cafés der Rua Carmo und dem Kloster Convento do Carmo im Viertel Baixa ragt der 32 Meter hohe Elevador de Santa Justa empor. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, der 1901 eingeweihte Turm sei ein Werk des Franzosen Gustave Eiffel. Tatsächlich schuf sein Schüler Raul Mesnier de Ponsard diesen freistehenden eisernen Aufzug.

Von der oberen Plattform gibt es einen Übergang zum höher gelegenen Stadtteil Bairro Alto. Um auf die Spitze des Turms zu gelangen, steigt man eine enge Wendeltreppe hinauf. Von hier hat man den schönsten Blick auf die Stadt. Im Süden fließt der breite Tejo, auf dessen gegenüberliegender Uferseite sich Kräne entlang ziehen. Im Osten thront auf einem Hügel das Castelo de Sao Jorge. Einst residierten in der heute restaurierten Festung die Könige Portugals. Während des verheerenden Erdbebens 1755 wurde das Kastell in weiten Teilen zerstört.

Im Norden des Baixo-Viertels streift der Blick den Rossio-Platz mit dem klassizistischem Teatro Nacional Dona Maria II und der 23 Meter hohen Marmorsäule mit der Statue des Dom Pedro IV. Dem einen oder anderen Lissabon-Besucher dürfte beim Spazieren über den Rossio schwindelig werden: Das schöne Wellenmuster aus schwarzen Basaltsteinen und weißen Kalksteinen wird zu verschwommenen Linien, die ganz benommen machen.

Wieder unten angekommen spaziert man die Rua Augusta in Richtung Tejo hinunter, die Fußgängerzone der „Baixa“ mit zahlreichen Geschäften und netten Cafés. Am Ende der Straße befindet sich das „Arco Monumental“, der Triumphbogen von 1875. Dahinter schließt sich der weite Platz „Praca do Comércio“ direkt am Fluss Tejo an. In der Mitte überragt das bronzene Reiterstandbild des Dom José I den Platz.

Die Linie 28 in Lissabon / © M.Kiel

Die Linie 28 in Lissabon / © M.Kiel

Mit der „28“ durch die Stadt

Fahrgefühl anno 1900 vermitteln die gelben „Electricios“. Diese legendären elektrischen Straßenbahnen rattern seit über hundert Jahren durch die Gassen der Lissaboner Viertel Bairro Alto, Chiado, Baixa und Alfama. Die berühmteste unter ihnen ist die Linie 28. Sie passiert bekannte Sehenswürdigkeiten wie die Basílica da Estrela, die Kathedrale Sé und die Kirche São Vicente de Fora.

Im Inneren glänzen die klar lackierten Holzbänke wie neu, obwohl einige der Wagen schon seit einem Jahrhundert im Einsatz sind. Beeindruckend schlängelt sich das nostalgische Gefährt durch die zum Teil sehr engen Gassen mit den schön gekachelten Häuserfassaden. Auf der Fahrt durch das hügelige Lissabon möchte man so manches Mal bei einer Steigung raus springen und anschieben, so langsam geht die Fahrt mitunter.

Unterwasserwelten

Abseits des Zentrums im bevölkerungsreichsten Stadtteil Olivais liegt das EXPO-Gelände. Vom Panorama-Turm Vasco da Gama führt die Seilbahn vom einen Ende des Platzes zum anderen. In gut 20 Metern Höhe schweben die Gondeln über den Nationenpark „Parque das Nacoes“ eineinhalb Kilometer entlang des Tejo. Der Blick über den Fluss und auf die darüber führende Vasco da Gama Brücke aus der Vogelperspektive ist beeindruckend. Über die „Pavilhao“ geht es bis zum „Ocenário“, dem größten Aquarium Europas, das anlässlich der Weltausstellung 1998 eingeweiht wurde und inzwischen zu den Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt zählt.

Flora und Fauna aller Weltmeere sind hier in einem gigantischen Aquarium vereinigt. Rund 15000 Fische, Vögel und Säugetiere tummeln sich in den Becken und Abteilungen. Wer denkt, dass nur Kinder von diesem Aquarium beeindruckt sind, wird schon nach dem Eintritt in die Unterwasserwelt eines besseren belehrt. Immer wieder wird man fasziniert vor dem zentralen Becken, in dem Haie, Baracudas oder Rochen ihre Bahnen ziehen, stehen bleiben und einfach nur Staunen, wenn ein riesiger Manta samt Antennenfisch auf dem Rücken langsam durch das Wasser schwebt.

Am Abend in die Docas

Zu Füßen der Brücke Ponte 25 Abril wiegen nicht nur Yachten auf den Wellen des Tejo, richtig trubelig wird es hier am Abend, wenn Touristen und Einheimische die neue In-Meile der Stadt aufsuchen. In dem restaurierten Hafenviertel Doca de Santo Amaro schlendert man auf einer beleuchteten Promenade den Tejo unterhalb der beleuchteten Hängebrücke entlang. In den umgebauten Lagerhäusern befinden sich trendige Bars, noble Restaurants und die derzeit angesagtesten Diskos der Stadt.


Melanie Kiel